Peter Weiss (1916-1982), Emigrant, seit 1945 schwedischer Staatsbürger, Künstler (Gemälde, Zeichnungen, Collagen, Dokumentarfilme). Seit 1960 Schriftsteller. 1968 Mitglied des Russell-Tribunals zur Verurteilung des Vietnam-Kriegs. Als Dramatiker Durchbruch durch das Stück über Marat / de Sade. Aufsehen erregend auch »Die Ermittlung«, ein Oratorium in 11 Gesängen, eine szenische Dokumentation des Auschwitz-Prozesses. Als sein Hauptwerk gilt das Prosabuch »Die Ästhetik des Widerstands« (3 Bde.), 1975-1981, in dem laut Heinrich Vormweg "das Grundmuster sichtbar wird hinter all den Widersprüchen, die kennzeichnend sind für die Arbeit, für die Entwicklung des Schriftstellers Peter Weiss, eine Kontinuität, der sich immer wieder der Bruch dialektisch zuordnete, und die für alle Lebenden eine Herausforderung bleibt."
Der promovierte Philosoph Jens-Fietje Dwars (Jg. 1960) schafft mit seiner Weiss-Biographie für alle Jüngeren und Nachgeborenen einen Zugang zu Leben und Werk dieses Autors, der seinerzeit zwischen allen Stühlen saß.
Kurzbiographie Peter Weiss (1916-1982)
1916 |
Geboren am 8. November in Nowawes bei Berlin.
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1918 |
Umzug nach Bremen; der Vater, Ungar jüdischer Abstammung, nimmt die tschechische Staatsbürgerschaft an und konvertiert ein Jahr später zum protestantischen Glauben.
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1929-1934 |
Umzug nach Berlin; Besuch von Gymnasium, Malerei- und Handelsschule.
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1934 |
Unfalltod der Schwester Margit Beatrice.
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1935 |
Flucht mit den Eltern nach England und Arbeit im Büro des Vaters.
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1936 |
Ausstellung von Bildern in einem Lagerraum in London, u.a. mit Die Maschinen greifen die Menschen an (1935); Umzug mit den Eltern nach Warnsdorf in Böhmen.
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1937-1938 |
Aufenthalt bei Hermann Hesse in Montagnola; durch dessen Vermittlung Studium an der Prager Kunstakademie.
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1938 |
Flucht der Eltern nach Alingsås, Schweden, wo der Vater eine Textilfabrik übernimmt.
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1939 |
Peter Weiss folgt den Eltern nach Schweden; in den nächsten Jahren verschiedene Tätigkeiten, darunter als Holzfäller und in der Fabrik des Vaters; nach Kriegsende Erhalt der schwedischen Staatsbürgerschaft.
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1941 |
Erste schwedische Ausstellung in Stockholm, der bis Anfang der fünfziger Jahre weitere Ausstellungen in Schweden folgen. Psychoanalyse bei Iwan Bratt.
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1943 |
Heirat mit der Malerin und Bildhauerin Helga Henschen; im folgenden Jahr Geburt der Tochter Randi Maria.
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1947 |
Debut mit Fran ö till ö (dt. 1984: Von Insel zu Insel), Prosagedicht. Korrespondent für Stockholms-Tidningen in Berlin. Scheidung von Helga Henschen.
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1948 |
Die Berlin-Berichte erscheinen als Buch: De besegrade (dt. 1985: Die Besiegten). Der Vogelfreie (1980 unter dem Titel Der Fremde).
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1953-1960 |
Filmstudien, experimentelle Filme, Dokumentarfilme.
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1958/59 |
Tod der Mutter (Dezember 1958), dann des Vaters (März 1959).
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1960 |
Der Schatten des Körpers des Kutschers mit Collagen des Autors; (entstanden 1952).
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1961 |
Abschied von den Eltern, autobiographische Erzählung; Übersetzung von Strindbergs Fräulein Julie.
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1962 |
Fluchtpunkt, Roman. Erste Teilnahme an einer Tagung der Gruppe 47 in Berlin.
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1963 |
Das Gespräch der drei Gehenden, Fragment.
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1964 |
Heirat mit der Keramikerin und Bühnenbildnerin Gunilla Palmstierna. Uraufführung des Marat / Sade am Berliner Schiller-Theater.
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1965 |
Uraufführung des Oratoriums Die Ermittlung an sechzehn Bühnen. Zehn Arbeitspunkte eines Autors in der geteilten Welt.
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1966 |
Heinrich-Heine-Preis der Deutschen Akademie der Künste (DDR).
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1967 |
Gesang vom Lusitanischen Popanz in Stockholm uraufgeführt. Mitwirkung am Russell-Tribunal gegen den Vietnam-Krieg in Stockholm / Roskilde.
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1968 |
Uraufführung des Viet Nam Diskurs in Frankfurt am Main. Eintritt in die schwedische Linkspartei der Kommunisten.
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1970 |
Trotzki im Exil am Düsseldorfer Schauspielhaus uraufgeführt. Herzinfarkt.
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1971 |
Hölderlin in Stuttgart uraufgeführt.
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1972 |
Geburt der Tochter Nadja. Beginn der Arbeit an Die Ästhetik des Widerstands.
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1975 |
Die Ästhetik des Widerstands, erster Band.
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1978 |
Der zweite Band der Ästhetik des Widerstands erscheint.
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1981 |
Der dritte Band der Ästhetik des Widerstands und die Notizbücher 1971-1980 erscheinen.
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1982 |
Uraufführung Der neue Prozeß am Dramaten in Stockholm. Bremer Literaturpreis und Schwedischer Theaterkritikerpreis, Zuerkennung des Georg-Büchner-Preises, postum.
10. Mai in Stockholmer Klinik gestorben.
Die Notizbücher 1960-1971 erscheinen postum.
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