Vita Heinrich Richter - Zur Kunstausstellung "Hommage an die Frauen"
Kleine Zuschrift beim Betrachten eines Konto-Auszugs
Lieber Heinrich!
Fast vierzig Jahre kennen wir uns nun schon. Das ist die halbe Länge Deines Lebens. Eine beachtliche Strecke des Älterwerdens unserer, denk ich, nicht allzu alltäglichen Beziehung, unserer Freundschaft. Damals, als ich zum ersten Mal einige Bilder von Dir sah, pochte mir das Herz bis zum Hals; Glückseligkeit und totale Begeisterung. Was ich entdeckte, waren subtile Blätter, empfindsam gezeichnete Figurationen, sehr eigengeprägte Formulierungen des nackten weiblichen Körpers - oft nur stakkatohafte Zitate erotischer Leiblichkeit inmitten vibrierender Aquarellräume. Ich war verliebt in diese Blätter. Du weißt, zu sehen waren sie in einer nur kurz existierenden Galerie am Kurfürstendamm, die den Herren Werner und Katz gehörte. Erregt erkundete ich Deine Telefonnummer und die Adresse: Kantstrasse 30, rief an, wurde von Dir und der lieben Mila eingeladen, gastlich empfangen und noch gastlicher bewirtet. War's Borschtsch (Mila hätte damals wirklich eine Supperia oder Potageria eröffnen sollen, wie unser Freund Peter Berg vorschlug - sie wäre garantiert reich geworden!) Und dann Deine Bilder! Mehr und mehr und mehr: Ein Riesenkosmos real-surrealer Figurationen - Bildpoeme wie aus einem Bilderbuch für Claire und Yvan Goll oder Louize Labé oder auch Paul Celan. Einen Künstler zu erkennen, der meinen Dichter-Göttern ebenbürtig schien, beglückte mich.